Zehn Jahre Valencia


„Hoch werden wir es nimma gwinnen“: Toni Pfeffer brachte mit nur sechs Worten, gesprochen am 27. März 1999 in den Katakomben des Mestalla-Stadion von Valencia, den österreichischen Fußball auf den Punkt: Wir sind schlecht, aber indem wir uns selbst nicht für voll nehmen, ist alles auch wieder nicht so schlimm. „Rambo“ setzte sich damit auf ewig ein ballesterisch-literarisches Denkmal, konnte aber an besagtem Abend vier weitere Gegentreffer in der zweiten Halbzeit nicht verhindern.

Zehn Jahre ist es nun also her, dass Österreichs Nationalteam gegen Spanien mit 0:9 die bitterste Niederlage aller Zeiten erlitt. Es war der Vorabend des Palmsonntags, an den sich hierzulande anscheinend niemand mehr zurückerinnern mag. Wie ist es sonst zu erklären, dass die jubiläumsgeile Medienwelt den Jahrestag schweigsam beging? Auch Chancentod verschlief das denkwürdige Datum, ruft das Spiel aber nun mit einigen Tagen Verspätung in (schmerzhafte) Erinnerung.

Persönlich änderte sich durch „Valencia“ einiges: Mit Tränen der Wut und der Enttäuschung verfolgte ich damals 14-jährig das Spiel vor dem Fernsehschirm. Noch heute bin ich Prohaska, Herzog & Co. böse: Wie konnten Sie mir in dieser heiklen Phase meiner Adoleszenz dieses Trauma antun? Etwas zu jung, um die Färöer-Blamage 1990 bewusst mitzuerleben, aufgewachsen mit Europacup-Erfolgen von Salzburg, Rapid und Sturm sowie mit der erfolgreichen WM-Qualifikation für 1998, wurde ich in meiner Kindheit von der harten Realität des heimischen Kicks weitgehend verschont. Dann kam Valencia und läutete eine Dekade voller Debakel, Rückschläge und Grauslichkeiten ein.

Sämtliche Prohaska-Nachfolger scheiterten, teils fulminant, am Spielermaterial und dessen technischen, taktischen und vor allem (!) mentalen Schwächen. Jeder hatte seine Blamagen, egal ob Baric (u.a. 0:5 gegen Israel, 0:5 gegen die Türkei), Krankl (u.a. 2:6 gegen Deutschland, 0:4 gegen Tschechien), Hickerberger (u.a. 0:2 gegen Kanada, 1:1 gegen Malta), Brückner (u.a. 0:2 gegen Litauen, 1:1 gegen die Färöer). Nun darf sich also „everybodys darling“ Constantini versuchen – und startete mit einem Sieg.

Ob das 2:1 gegen Rumänien eine Trendumkehr einläutet, muss aber stark bezweifelt werden. Zu oft wurde im letzten Jahrzehnt vom Neuanfang gesprochen, zu oft glaubten wir dem mit reumütigen Blick versprochenen „Ab jetzt geht’s aufwärts“ und zu oft bekamen wir im nächsten Match eine Watschn betoniert, dass nicht einmal fünf Beruhigungsbier den Schmerz lindern konnten.

Parallel zur Dauerkrise des Nationalteams wurde auch die Bundesliga international immer weniger konkurrenzfähig. Abgesehen von zwei Ausreißern – Sturms Champions-League-Gruppensieg 2000 und Austrias UEFA-Cup-Viertelfinale 2004 – sollte man über die Europacup-Performance der heimischen Teams den Mantel des Schweigens breiten.

Zehn Jahre Valencia: Seitdem beschleicht uns Fußballfanatiker vor jedem Spiel die klammheimliche Angst vor der Blamage und dem Debakel. Und am Ende sind wir insgeheim immer froh, wenn es nicht so schlimm gekommen ist, dass die „Bild“-Zeitung einen Ösi-Seitenhieb austeilen muss. Der Schock des 0:9 ist noch nicht verdaut: weder bei den Kickern (obwohl nur noch Haas und Mayrleb aktiv sind), noch bei den Fans.

Wann man endlich wieder angstfrei Patriot sein kann? Irgendwie ist es wie mit der Wirtschaftskrise: Eine rasche Erholung ist mehr Wunschdenken als realistisch, jeder „Experte“ gibt seinen Senf dazu, aber letztendlich tappen alle im Dunkeln. Es werde endlich Licht!

~ von jackoby - April 6, 2009.

Eine Antwort to “Zehn Jahre Valencia”

  1. wie wahr wie wahr…

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